Zeichne eine Banknote
Die Banknote ist in erster Linie ein Zahlungsmittel, aber auch eine Art Visitenkarte des Landes, das sie ausgibt.
In Kürze
Bevor eine Banknote in Umlauf kommt, durchläuft sie einen mehrstufigen Gestaltungsprozess. Eine der wichtigsten Sammlungen unseres Museums besteht aus zahlreichen Entwürfen, die oft doch nicht umgesetzt wurden. Die Künstler mussten, unabhängig davon, ob sie ausgewählt worden waren oder als Sieger aus einem Wettbewerb hervorgegangen waren, verschiedene Kriterien berücksichtigen und sahen ihre gestalterische Freiheit dadurch eingeschränkt. Es galt, das klassische Format der Banknote und das von der Nationalbank gewählte Thema zu beachten, den Wert der Banknote hervorzuheben und Platz für die Sicherheitsmerkmale vorzusehen. Obwohl der Text anfangs eine bedeutende Rolle spielte, wurde ab 1869 die Zeichnung immer wichtiger. Die Banknote ist eine Visitenkarte des ausstellenden Landes und ein Spiegelbild der Nation. Die Künstler verwendeten Allegorien und andere Darstellungen, um die Ambitionen und Erfolge Belgiens herauszustellen. In „La Sagesse glane“ (Die Weisheit sammelt) übersetzt der Künstler des Symbolismus Xavier Mellery die Botschaft der Zeit in eine Zeichnung: Eine vielversprechende Zukunft erwartet jeden, der sät und die Früchte seiner Arbeit erntet.
Zeichnungen nehmen heute einen vorherrschenden Platz auf unserem Papiergeld ein. Doch wer steckt hinter dem Entwurf der Banknoten? Nach welchen Kriterien werden die Künstler oder Grafiker ausgewählt und woraus besteht ihre Arbeit? Bei der Lektüre dieses Beitrags erhalten Sie Antworten auf all diese Fragen ...
Ursprünglich nahm der Text auf einer Banknote eine wichtigere Stellung ein als die Zeichnung. In Belgien lässt sich erst ab der 1869 eingeführten Notenserie eine Veränderung auf diesem Gebiet beobachten. Von dieser Serie an weisen die Banknoten auch eine eigenständige Rückseite auf, die sich von der Bildsprache der Vorderseite unterscheidet. Dies erklärt, weshalb man mit ebendieser Notenserie entschied, die Arbeit der Banknotengestaltung aufzuteilen. Die Zeichnung und anschließende Gravur der Motive wurden nunmehr von zwei unterschiedlichen Personen ausgeführt.
Die Zeichnung der Banknotenserie von 1869 wurde von dem Historienmaler und Direktor der Akademie von Saint-Josse-ten-Noode, Henri Hendrickx, angefertigt. Auch wenn es keinen typischen Banknotenzeichner gibt, so fällt doch auf, dass die Banken sich häufig an Maler wandten, die an der einen oder anderen Einrichtung als Dozenten beschäftigt waren. Auch Künstler, die bereits verschiedene Aufträge für die ortsansässigen Behörden ausgeführt hatten, wurden mit der Ausarbeitung von Banknoten betraut. So hatte Hendrickx Festwagen für den Ommegang und Triumphbögen für die Stadt Brüssel entworfen.
Die Banknote ist ein Zahlungsmittel, aber auch ein eigenständiges Kunstwerk. Die Freiheit des Künstlers war jedoch begrenzt. Die Nationalbank bestimmte das Thema, das für jede neue Notenserie entwickelt werden sollte. Auch das Format der Banknote musste eingehalten werden. Die Zeichnung sollte den Wert der Banknote hervorheben und zahlreiche Details enthalten, um die Sicherheit der Banknote zu erhöhen. Schließlich muss die Banknote auch ein Spiegel des Landes, in dem sie ausgegeben wurde, und ein Vektor der nationalen Identität sein - daher die häufige Verwendung von Allegorien und Botschaften, die sich auf die Ambitionen und Erfolge Belgiens beziehen.
Konkret arbeiteten die Künstler zunächst einen Vorentwurf aus, der dann von einer Sonderkommission unter die Lupe genommen wurde. Anschließend wurde unter Berücksichtigung der vorher festgehaltenen Anmerkungen eine zweite Prüfung durchgeführt. Auch diese Version wurde noch weiter ausgefeilt, bevor man sie als endgültig erachtete. Aus praktischer Sicht war das Format, in welchem die Künstler den Entwurf der Banknote ausarbeiteten, viel größer als das der jeweiligen Stückelung. Die Entwürfe wurden, je nach Technik, auf dickem Papier oder Karton ausgearbeitet. Dann wurde der Entwurf mit Buntstift, Wasserfarben, Ölfarben, Tinte oder auch Temperafarbe ausgestaltet. Der Graveur hingegen arbeitete mit der tatsächlichen Größe der Banknote.
Die Banknotenentwürfe und -vorentwürfe bilden eine der wichtigsten Sammlungen unseres Museums. Sie sind ebenso Zeugen der Entwicklung der Kunst in Belgien wie der Themen, die für die Darstellung der belgischen Nation auf den Banknoten gewählt wurden. Aus all diesen Entwürfen sind nicht immer echten, von der Bank in Umlauf gebrachten Banknoten geworden. Dies gilt insbesondere für den Entwurf „La sagesse glane“ von Xavier Mellery, auf den wir gleich noch näher eingehen werden.
Xavier Mellery (1845-1921) war ein Brüsseler Maler, der wie Félicien Rops, Fernand Khnopff und Jean Delville ein wichtiger Vertreter des Symbolismus in Belgien war. Ihm verdanken wir zahlreiche symbolische Kompositionen, auf denen allegorische und mythologische Figuren auf Goldgrund dargestellt sind. Der Entwurf der 100-Franken-Note, den er der Nationalbank vorlegt, knüpft daran an. „La sagesse glane“ ist eine dekorative Allegorie, die im Vordergrund die Personifikation der Weisheit zeigt, welche auf Knien Ähren sammelt. Im Hintergrund ist der Sockel eines imposanten, mit einem Flachrelief verzierten Denkmals zu sehen, auf dem das Pflügen mit dem Ochsen dargestellt ist. Die Weisheit wird von Amor begleitet, der dem Gebäude buchstäblich einen Stein hinzufügt. Auf dem Stein ist die Inschrift „Hoffnung“ zu lesen. Auch wenn diese Zeichnung unterschiedliche Bedeutungen haben kann, entspricht ihr allgemeiner Tenor eindeutig der Botschaft, die die Nationalbank mit der neuen 100-Franken-Note den Bewohnern der wirtschaftlichen Wachstumsregion Belgien im 19. Jahrhundert vermitteln wollte: Vernunft, harte Arbeit und Sparsamkeit ermöglichen es, eine vielversprechende und hoffnungsvolle Zukunft anzupacken.
Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Banken allmählich, Wettbewerbe auszuschreiben, die von Fall zu Falle entweder für alle offen standen oder auf einige ausgewählte Kunstschaffende begrenzt waren. So bat die Belgische Nationalbank beispielsweise im Jahr 1894 die Maler und Illustratoren Adolphe Crespin, Herman Richir und Louis Titz um Vorentwürfe; letzterer erhielt den Auftrag. Er bediente sich eines klassischen Themas, doch seiner Interpretation mangelte es nicht an Fantasie. Davon zeugen die zahlreichen Verzierungen auf der Rückseite der Banknote.
Fand kein Wettbewerb statt, stellte die Wahl des Künstlers eines der Vorrechte des Gouverneurs dar. So geschah es im Fall des Genter Constant Montald, der von dem Gouverneur Victor Van Hoegaerden ausgewählt wurde, um ab 1898 mehrere Notenserien zu gestalten. Auch wenn in den Archiven keinerlei Hinweise auf die Gründe für die Wahl des Künstlers zu finden sind, so sind doch einige Zufälle festzustellen. Die Verbundenheit des Gouverneurs mit der Stadt Gent reichte nämlich bis in seine früheste Jugend zurück. Zudem war Montald, der 1886 den Prix de Rome gewonnen hatte und 1896 an die Brüsseler Akademie berufen worden war, offiziell anerkannt worden, was dem Gouverneur nicht entgangen war.
Während der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen trat eine neue Art von Experte für die Gestaltung von Banknoten auf: der Grafiker. Seine besondere Fähigkeit besteht darin, das ästhetische Empfinden mit der Berücksichtigung kommunikativer Funktionen und technischer Sachzwänge der Banknote zu verbinden.
Tatsächlich müssen verschiedene Charakteristika bei der Gestaltung einer Banknote beachtet werden. Neben der Integration der Banknote in eine bestimmte Serie nehmen zahlreiche Elemente, die aus rechtlichen oder Sicherheitsgründen eingefügt werden, somit Einfluss auf das Endergebnis. Zeichnerisch gesehen bewegt man sich so zwischen der Suche nach komplexen, schwieriger zu fälschenden Motiven und bewusst einfacheren und klareren Mustern.
Die Komplexität und die steigende Anzahl der Sicherheitsauflagen von Banknoten stellten eine ernsthafte Bedrohung für die Kreativität der Grafiker dar. Während für die zwischen 1978 und 1982 in Umlauf gebrachten Banknoten noch verschiedene bankexterne Kunstschaffende beauftragt wurden, hat die Nationalbank die Ausführung der letzten Notenserie Belgischer Franken, die zwischen 1994 und 1997 ausgegeben wurde, ihrem eigenen Team von spezialisierten Grafikern anvertraut.
Was die Gestaltung der ersten Euro-Notenserie angeht, so ist diese das Ergebnis einer zwei Themen umfassenden Ausschreibung: „Architekturepochen und -stile in Europa“ und „Abstrakt/ Modern“. Die eingereichten Entwürfe mussten ein Gefühl der Einheit innerhalb der Reihe aus sieben Banknoten vermitteln und ansprechend gestaltet sein, damit sie in der gesamten Eurozone angenommen werden konnten. Die Fälschungssicherheit blieb jedoch der wichtigste zu berücksichtigende Aspekt. Die Grafiker waren von den Zentralbanken der Europäischen Union (mit Ausnahme der Zentralbank Dänemarks) ausgewählt worden, wobei jede Zentralbank bis zu drei Grafiker ernennen konnte. Da diese Frage durch keinerlei Vorschrift geregelt worden war, wurden manche Entwürfe von Hand gemalt oder gezeichnet, wohingegen andere mit Hilfe eines Computers angefertigt wurden. Schließlich gewann der Österreicher Robert Kalina den Wettbewerb mit seinen Entwürfen der Kategorie „Architekturepochen und -stile“, die als die kohärentesten und für unseren Kontinent typischsten Entwürfe erachtet wurden.
Das Prinzip des Wettbewerbs wurde auch bei der zweiten Euro-Banknotenserie namens Europa angewandt. Diesmal gewann ein deutscher Designer namens Reinhold Gerstetter. Er entwarf die Banknoten mithilfe einer Software am Computer. Anschließend wurde die Zeichnung der 5-Euro-Banknote von der Belgischen Nationalbank in eine druckbare Banknote umgewandelt. Dabei mussten die verschiedenen Sicherheitsmerkmale sowie die Produktionsabschnitte und ihre Einschränkungen berücksichtigt werden.
Bibliografie
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