Der Weg zum Euro
Der Euro ist heute Teil unseres täglichen Lebens, aber diese gemeinsame Währung hat eine lange Geschichte mit vielen Zwischenschritten hinter sich.
In Kürze
Seit dem 1. Januar 2002 leisten wir in Belgien und in vielen anderen Ländern Zahlungen in Euro. Einheitliche Währungen und Währungsunionen gab es jedoch schon vorher.
Der erste Versuch einer Währungsunion fand 1434 in den Niederlanden statt, als Philipp der Gute eine gemeinsame Währung in Flandern, Holland, Hennegau und Brabant einführte. 1865 wurden unsere Länder erneut Teil einer Währungsunion, als Belgien der Lateinischen Münzunion beitrat.
Das Abkommen von Bretton Woods, mit dem 1944 der Internationale Währungsfonds (IWF) gegründet wurde, führte zu einem wirtschaftlichen Aufschwung und zur Unterzeichnung der Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahr 1957. Ziel war die Bildung eines gemeinsamen Marktes.
Mit der Schaffung des Europäischen Währungssystems (EWS) im Jahr 1979 und der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht im Jahr 1992, der einen neuen Meilenstein auf dem Weg zur Einführung einer gemeinsamen Währung setzte, nahm das Projekt der Wirtschafts- und Währungsunion in den folgenden Jahrzehnten langsam aber sicher Gestalt an. Der Euro wurde 1999 als Buchgeld eingeführt, während die Münzen und Banknoten ab 2002 in Umlauf gebracht wurden.
In der Vergangenheit, vor der Einführung des Euro, gab es mehrere Beispiele für gemeinsame Währungen und Währungsunionen. In den Niederlanden kam es erst unter der Herrschaft der Herzöge von Burgund zu einer echten Vereinheitlichung im Währungsbereich. So schuf Philipp der Gute 1434 eine gemeinsame Gold- (Goldener Reiter) und Silberwährung (Vierlander) für alle seine nördlichen Grafschaften und Herzogtümer (Flandern, Hennegau, Holland und Brabant).
1865 entstand auf Betreiben Frankreichs die Lateinische Münzunion. Sie legte den Feingehalt der Goldmünzen und der Scheidemünzen aus Silber der fünf Mitgliedsländer Belgien, Frankreich, Italien, Schweiz und Griechenland (ab 1868) präzise fest. Unter unterschiedlichen Bezeichnungen (Franc, Lira, Drachme) gab diese Währungseinheit einen Vorgeschmack auf den Euro.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde eine neue internationale Finanzordnung mit dem Abkommen von Bretton Woods (1944) auf den Weg gebracht. Der Dollar war zu einem festen Wechselkurs in Gold konvertibel, während sich die anderen Teilnehmerländer verpflichteten, die Schwankungen ihrer Währungen innerhalb einer Bandbreite von 1 % gegenüber dem Dollar zu halten. Durch diese Abkommen entstanden neue Organisationen: der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank (WB).
1957 unterzeichneten sechs Länder, darunter Belgien, die Römischen Verträge, die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) begründeten. Ziel der EWG war die Schaffung eines gemeinsamen Marktes, der den freien Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital ermöglicht. Die Unterzeichnung erfolgte auf Betreiben einiger wichtiger Vorkämpfer für den europäischen Gedanken wie dem belgischen Außenminister Paul-Henri Spaak, dem früheren Präsidenten der EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl), dem Franzosen Jean Monnet, und dem deutschen Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Walter Hallstein.
In den folgenden Jahrzehnten nahm das Projekt der Wirtschafts- und Währungsunion langsam aber sicher Gestalt an. Im Werner-Bericht von 1970 waren zehn Jahre für ihre Errichtung vorgesehen, aber das Projekt zog sich hin. Ein bedeutendes Hindernis war 1971 die Aussetzung der Dollar-Gold-Konvertibilität durch Präsident Nixon, der damit das Bretton Woods-System in Frage stellte. Dies führte zu einer großen Instabilität auf den Devisenmärkten, die das Verhältnis zwischen den europäischen Währungen grundlegend in Zweifel zogen. Daraufhin wurde eine Struktur geschaffen, die eventuell zu einer Währungsunion führen könnte, um zumindest auf europäischer Ebene ein Mindestmaß an Stabilität zu gewährleisten. 1972 wurde die „Währungsschlange“ durch das Abkommen von Basel eingeführt. Ziel war es, die Schwankungen zwischen den europäischen Währungen auf 2,25 % der Margen zwischen diesen Währungen und dem Dollar zu reduzieren. 1973 wurde der feste Wechselkurs des Dollar aufgehoben und ein System flexibler Wechselkurse eingeführt. In Europa beschlossen Deutschland, Frankreich, die Benelux-Länder und Dänemark die Schwankungsbreite ihrer Währungen untereinander beizubehalten. Norwegen und Schweden traten dem System später durch bilaterale Abkommen bei. Damit hatte sich ein Kern von Stabilität innerhalb des Systems des allgemeinen Floatens erhalten. Bei Bedarf sollten die Zentralbanken der teilnehmenden Länder eingreifen. Der Erfolg der „Währungsschlange“ wurde durch die Ölkrisen, die unterschiedlichen Wirtschaftspolitiken der Mitgliedsländer und die Instabilität des Devisenmarktes verhindert. Die meisten Mitglieder zogen sich in weniger als zwei Jahren zurück, wodurch die Währungsschlange auf eine „D-Mark-Zone" reduziert wurde.
Die Vorschläge der Bremer Konferenz von 1978 markieren die Rückkehr zur europäischen währungspolitischen Zusammenarbeit. 1979 wurde das Europäische Währungssystem (EWS) eingeführt. Es bestand aus drei Elementen: der Schaffung des ECU als Währungseinheit, der Stabilität der Wechselkurse zwischen den Währungen (durch Eingreifen der Zentralbank) und der Solidarität zwischen den Mitgliedsländern durch die Bereitstellung von Krediten. Die Rechnungseinheit des Systems war der ECU (European Currency Unit): ein Korb europäischer Währungen, dessen Wert dem Wert der darin enthaltenen Währungen entsprach.
Während mehrere Länder beschlossen, tatsächlich ECUs auszugeben, war Belgien das einzige Land, das sie zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt hat. Von 1987 bis 1998 prägte Belgien Silbermünzen zu 5 ECU und Goldmünzen zu 50 ECU. In gewisser Weise war unser Land das erste, das eine gemeinsame europäische Währung ausgegeben hat.
1988 erhielt der Delors-Ausschuss den Auftrag, konkrete Schritte mit dem Ziel einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) vorzuschlagen. Der Delors-Bericht sah drei Etappen vor, von denen die letzte die Schaffung einer einheitlichen Währung war, die den Weg für die Gründung der Europäischen Union freimachte. Der Vertrag von Maastricht, mit welchem die Römischen Verträge geändert und ergänzt wurden, legte den Zeitplan für die Einführung dieser Währung fest. Es wurde 1992 unterzeichnet und trat ein Jahr später in Kraft.
Im Dezember 1995 beschlossen die Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel von Madrid, die einheitliche Währung „Euro“ zu taufen. Germain Pirlot, ein belgischer Esperanto-Lehrer, hatte diesen Namen in einem Schreiben vom 4. August 1995 an Jacques Santer, den Präsidenten der Europäischen Kommission, vorgeschlagen, der die Idee anschließend unterstützt haben soll.
Das Übergangsszenario umfasste zwei wichtige Daten: Am 1. Januar 1999 wurde der Euro offiziell eingeführt, konnte aber nur für bargeldlose Zahlungen (Schecks, Überweisungen, Bankkarten usw.) verwendet werden. Die Euro-Münzen und -Banknoten wurden am 1. Januar 2002 in Umlauf gebracht. Während dieser Übergangszeit arbeiteten die Wirtschaftssysteme der teilnehmenden Länder weiterhin auf der Grundlage nationaler Währungseinheiten. Diese stellten nicht-dezimale Untergliederungen des Euro dar.
Zwölf Länder zahlten am Neujahrstag 2002 zum ersten Mal mit der gemeinsamen Währung, dem Euro. Mit der Einführung des Euro in Kroatien am 1. Januar 2023 wird sich die Zahl der Mitglieder des Euro-Währungsgebiets auf 20 EU-Mitgliedstaaten erhöhen. Auch die Kleinstaaten Andorra, Monaco, San Marino und Vatikanstadt verwenden den Euro. Hierfür wurde eine formelle Währungsvereinbarung mit der Europäischen Union geschlossen. Montenegro und der Kosovo verwenden ebenfalls den Euro, jedoch ohne formelle Währungsvereinbarung.
Bibliografie
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